Gastrokritik Schloss BurgdorfWo einst gerichtet wurde, wird jetzt angerichtet
Seit anderthalb Jahren beherbergt das Schloss Burgdorf nicht nur eine Jugi, sondern auch ein Restaurant. Der Weg auf den Schlosshügel lohnt sich.

In grauer Vorzeit besuchte der Testesser regelmässig das Schloss Burgdorf – als Gerichtsberichterstatter. Denn in den 800 Jahre alten Mauern befand sich bis vor knapp zehn Jahren noch das Kreisgericht Burgdorf-Fraubrunnen. Auch als Gefängnis diente das Schloss damals.
Diese Zeiten sind vorbei. Das Schloss Burgdorf ist zu einem einladenden Ort geworden. Erst recht seit einer umfassenden Renovation von 2018 bis 2020. Nun befindet sich eine Jugendherberge auf dem Schlosshügel. «Zellen zum Wohlfühlen», schrieb eine Fachzeitschrift. Auch ein Restaurant gehört zur Jugi.
Reisgerichte statt Kreisgerichte, Garprozesse statt Strafprozesse, anrichten statt richten. Das sind Gründe genug für einen Besuch. Donnerstagabend, Winter in Burgdorf, am Fuss des Hügels macht die Stadt Feierabend. Und im Schlosshof leuchtet die Linde mit ihren Tausenden Lämpchen.
Fast alles ist neu, aber doch nicht alles. Das Schlossmuseum hat seinen Platz behalten. Und auch die ehemalige Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch ist im Schloss anzutreffen, umtriebig wie einst. Im Restaurant kümmert sie sich um eine grössere Gruppe.
Der Eintritt erfolgt durch die Réception und den Aufenthaltsraum der Jugi mit seiner beeindruckenden Bücherwand, einem Podest und vielen Sitzgelegenheiten. Dann führt der Weg an der offenen Küche vorbei in die Gaststube. Viel Holz, viel Charme, viel Luft, Architekturkritikerinnen haben sich schon die Finger wund geschrieben.

Nur die Kälte lässt sich offenbar nicht so leicht aus den dicken Mauern vertreiben. Aber gut, dafür gibt es ja Weisswein. Zum Beispiel den Hauswein, einen Chasselas (7 Franken) vom Schlössli in Schafis am Bielersee. Alle Weinlieferanten werden übrigens auf ein paar Zeilen vorgestellt.
Abends bietet das Schloss-Restaruant einen Drei- bis Fünfgänger (bis 79 Franken) wie auch À-la-carte-Menüs an, Überschneidungen inklusive. Die Karte ist angenehm überschaubar und bietet vor allem Klassiker an. Experimente, die zu diesem spannungsgeladenen Ort durchaus passen würden, findet man eher nicht.
Was auf den Tisch kommt, ist aber von durchwegs guter Qualität und gekonnt zubereitet. Auf dem Nüsslisalat (14.50) mit Speck geht das Ei vergessen. Die Entschuldigung ist charmant. Im Zweifel für den Angeklagten, das gilt noch immer auf Schloss Burgdorf.
Das Rauchforellentatar (18.50) ist äusserst grosszügig bemessen und sehr cremig. Die Rüeblisuppe mit Ingwer-Kokos-Espuma (11.50) dank der scharfen Wurzel erfrischend. Dann das Reisgericht: Das Forellenfilet mit dem Risotto (38.50) ist schmackhaft, aber sehr ölig.

Der Burger mit Frites (24.50) wiederum ist prall gefüllt und überzeugt auch dank des Rotkrauts mit einer überraschenden und rauchigen Note. Eine leise Enttäuschung ist nur das Dessert. Das Soufflé Glacé Grand Marnier (14.50) direkt aus dem Tiefkühler ist zwar nicht schlecht, aber etwas schlicht.
Restaurant Schloss Burgdorf, Schlossgässli 1, 3400 Burgdorf, Tel. 034 426 10 30. www.schloss-burgdorf.ch
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