Neue InsulinpumpeWilly Michel hilft dem Sohn aus der Patsche
Ypsomed hat 56 neue Arbeitsplätze in Burgdorf geschaffen. Die Entwicklung einer Insulinpumpe nimmt der Firmengründer nun aber selbst in die Hand.

Willy Michel geht mit 73 Jahren quasi ein weiteres Mal unter die Jungunternehmer. Mit seiner in Burgdorf angesiedelten Firma TecMed kauft er Ypsomed die Entwicklung einer neuen Insulinpumpe ab. Michel zahlt für das bereits fortgeschrittene Projekt 13 Millionen Franken an Ypsomed, also an die Firma, die er 2003 gegründet hatte und deren Verwaltungsrat er immer noch präsidiert.
Was ist mit dem Interessenkonflikt bei der Preisfestlegung? Ypsomed werde mit dem Verkauf einen Gewinn von rund 4 Millionen Franken erzielen. Das sagte sein Sohn Simon Michel, der seit 2014 Chef des Unternehmens ist, an einer Webkonferenz in Burgdorf. «Mein Vater ist ein Fan und steht voll hinter dem Produkt.» Für die neue Insulinpumpe werde dessen TecMed in den kommenden Jahren weitere rund 75 Millionen Franken investieren müssen.
Das neue Gerät soll als sogenannte Patchpumpe einfach auf den Körper geklebt werden können. Die Spritze wird vom Gerät automatisch gesetzt. Bisherige Pumpen von Ypsomed trägt man zum Beispiel am Gurt, das Insulin gelangt über einen Schlauch zur Nadel, die von Hand gesetzt werden muss.
Bis Mitte 2018 hatte Ypsomed eine Patchpumpe vom US-Unternehmen Insulet im Sortiment und erzielte damit einen grossen Teil des Gewinns. Doch Insulet liess die Kooperation platzen. Ursprünglich war es Simon Michels Ziel, bis Mitte 2020 die neue Pumpe bereit zu haben. Sobald diese dereinst marktreif wird, kann Ypsomed am Erfolg teilhaben respektive das Produkt von TecMed zurückkaufen.
Erhebliche Investitionen
Bis dahin benötige Ypsomed Geld für eine lange Reihe an anderen Investitionsprojekten. «Es geht um eine Grössenordnung, bei der wir nicht mehr alles selber machen können, sondern priorisieren müssen», sagte Simon Michel. Ypsomed ziehe nun jene Investitionen vor, welche die Profitabilität schneller steigern werden. So müsse die neue Fabrik in Schwerin (D) wegen der grossen Nachfrage schneller ausgebaut werden als erwartet.
Mit einem Eigenkapital von 382,1 Millionen Franken sei Ypsomed zwar gut gewappnet. Weiteres Geld für den Ausbau besorgt sich das Unternehmen trotzdem bei Banken und der Familie Michel: Der kurzfristige Kreditrahmen bei Banken wurde von 210 Millionen auf 265 Millionen Franken erhöht. Und die Mehrheitsaktionärin trägt zusätzliche 45 Millionen Franken als langfristiges Darlehen zu «marktüblichen Konditionen» bei.
Ausbau in Burgdorf
Allein in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2020/21 hat Ypsomed 59,6 Millionen Franken investiert. Davon floss ein grosser Teil in automatisierte Montageanlagen, Spritzgussmaschinen sowie -werkzeuge in Schwerin sowie in den Ausbau der Produktionswerke in Solothurn und am Sitz in Burgdorf.
Konzernweit schuf Ypsomed im vergangenen halben Jahr 102 neue Arbeitsplätze. Davon entstanden 56 in Burgdorf. Jetzt sind es 660 Arbeitsplätze. Neben der Produktion wurden hier auch das Marketingteam und die Software-Entwicklung ausgebaut. Für die weitere Digitalisierung schuf Ypsomed einen «Digital-Hub» in Barcelona. Der Aufbau verlaufe erfolgreich, sagte Simon Michel. 15 neue Mitarbeitende seien bereits rekrutiert worden. Innerhalb von zwei Jahren sollen es rund 40 sein.
Grosse Hoffnungen setzt Michel auch in die neue Penspritze, die CO₂-neutral werden soll. Statt aus herkömmlichem Plastik wird das Wegwerfprodukt aus Biopolymeren hergestellt. Auch Verpackungen sollen rezykliert und die gesamte Wertschöpfungskette nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft optimiert werden, sagte Simon Michel. Und die verbleibenden CO₂-Emissionen würden mit einem Aufforstungsprogramm in Ahueni in Kenia ab 2022 kompensiert.
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