Zeugen Jehovas mit Schneeball-System ausgenommen
Mit einem komplizierten Firmenkonstrukt haben drei Männer 686 Anleger um 68 Millionen Franken betrogen. Sie hofften auf neue Börsengewinne. Heute standen sie in St. Gallen vor Gericht.
Dem Vorwurf des Betrugs widersprachen die Angeklagten vor dem Kreisgericht in St. Gallen nicht. Sechs Jahre Freiheitsstrafe und 10'000 Franken Busse fordert der Staatsanwalt für den 41-jährigen Hauptangeklagten, vier Jahre und eine ebenso hohe Busse für dessen 38-jährigen Bruder. Die beiden stammen aus Ex-Jugoslawien und haben einen österreichischen Pass.
Der 41-Jährige befindet sich im vorzeitigen Strafvollzug. Er erschien mit Fussfesseln im Gerichtssaal. Er und seine Mitangeklagten sind geständig. Die drei sind nicht vorbestraft.
Die meisten der Opfer sind ehemalige Landsleute und Mitglieder der Zeugen Jehovas. Der Hauptbeschuldigte gehörte dem Ältestenrat der Zeugen Jehovas an, und auch der 41-jährige Schweizer Mitangeklagte, für den der Staatsanwalt eine bedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten fordert, sowie eine Busse von über 300'000 Franken.
Im Ältestenrat der Zeugen Jehovas
Ein ruinöses Anlagevehikel habe das Brüderpaar immer weiter getrieben, so der Staatsanwalt. 120 Privatkläger sind vertreten. Sie verloren zum Teil ihr ganzes Geld, das sie als Rendite-Investition bei Zinsversprechen zwischen 40 und 1000 Prozent oder als Altersvorsorge bei der Infina GmbH, der Infina Vermögensverwaltungs AG oder der Fina Freizügigkeitsstiftung angelegt hatten.
Zwischen 1999 und 2009 führten die Beschuldigen eine Bank, ohne Banklizenz - und ohne, dass es jemand merkte. 2009 zeigte sich der Hauptbeschuldigte selber an, geschäftete aber munter weiter, verschob Gelder und vernichtete ganze Vermögen, wie die Anklage festhielt.
Die Anklage lautet auf gewerbsmässigen Betrug, qualifizierte Veruntreuung, ungetreue Geschäftsbesorgung, Misswirtschaft, Urkundenfälschung, Widerhandlungen gegen das Finanzmarktaufsichts- und das Bankengesetz.
Traumhafte Renditen und Traumferien
Bis zum Börsen-Crash 2001 lief alles gut. Dann war's aus mit Gewinnen. Um ihren Kunden vorzugaukeln, sie würden weiterhin traumhafte Renditen erzielen, zahlten sie Geld von neuen Investoren an Alt-Kunden zurück. Dabei handelte es sich oft um Schwarzgeld.
Er habe immer gehofft, es würde wieder besser gehen, beteuerte der Hauptbeschuldigte. Um die Geschäfte am Laufen zu halten sei er nach Dubai geflogen, habe luxuriöse Ferien in Paris, Mailand und St. Moritz verbracht. Er hoffte, reiche Investoren zu finden. Zu dem Zweck mietete er die sündhaft teure Marquard-Villa in St. Moritz.
Nach St. Moritz verlegte seine Gattin auch ihre Modeboutique, über die, wie über alle Firmen, Konkursverfahren eröffnet wurden. Er sei «besessen» gewesen vom Gedanken, 20 Prozent Rendite zu erzielen, «egal, was der Markt macht,» sagte der 38-Jährige vor Gericht.
SDA/rub
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