«Lueg, wie schön, bravo!»
19 000 Zuschauer haben bei gutem Wetter die Richterswiler Räbechilbi besucht.
Von Andreas Kurz Richterswil – Räbechilbi, das bedeutet für den ZVV Rushhour auch am Samstagabend. Drei Zugkompositionen stehen bei der S 2 Richtung Ziegelbrücke um 17.35 Uhr im Hauptbahnhof bereit. Trotzdem findet man schon im HB nur mit Mühe einen freien Sitzplatz. Leute allen Alters füllen den Zug, Kinder im Faserpelz und Senioren mit warmem Schuhwerk. In Thalwil steigen die ersten Kinder mit eigenen Räben ein. Sitzplätze hat es jetzt keine mehr. «Es gseht scho bumsvolle uus», sagt ein junger Vater. Drückend voll wird es aber erst in Wädenswil. Der ganze Perron ist voller Leute, die an die Räbechilbi wollen. An den Türen bilden sich grosse Menschentrauben. Es dauert zwei Minuten, bis alle eingestiegen sind und der Zug abfahren kann. Drinnen stehen die Leute dicht gedrängt. Sie regen sich über die anderen auf. «Ich muss mich doch irgendwo festhalten», ruft eine ältere Frau empört. Schliesslich kommt die S 2 mit fünf Minuten Verspätung in Richterswil an. Auf dem Parkplatz Eine Viertelstunde vor Umzugsbeginn stehen die meisten Sujets noch auf dem Parkplatz beim Seebad. Bei den Schulklassen und Vereinen herrscht emsiges Treiben. Noch brennen längst nicht alle Kerzen, aber die Sujets nehmen langsam Form an. Zum Beispiel der Tiger des Fussballklubs. Beim vier auf vier Meter grossen Bild müssen 900 Kerzen angezündet werden. Das Wetter dazu ist ideal: windstill und trocken. Am Umzug Als sich die Spitze des Umzugs nach dem zweiten Feuerwerksknall um 18.30 Uhr in Bewegung setzt, kommt Hektik auf. Die dreidimensionale Kuckucksuhr des Turnvereins Richterswil hat noch viele dunkle Flächen. Bis zur letzten Minute werden Kerzen angezündet. «Chömed, chömed, bringed die Cherze», sagt ein Helfer. «Die hinten könnt ihr dann am Schluss anzünden.» Der Strassenrand an der Umzugsroute ist dicht gesäumt. Teilweise stehen die Leute in sechs Reihen hintereinander. Jemand hat einen Campingstuhl mitgebracht, um sich einen Platz in der ersten Reihe zu sichern. Aus der Ferne erkennt man an den Blitzlichtern der Fotoapparate, wie weit der Umzug schon ist. Es sieht aus, als wäre ein heftiges Gewitter im Anzug. Während der Umzug vorbeizieht, ragen Dutzende Handy- und Kameradisplays in die Luft. Jedes der 43 Sujets wird abfotografiert. Dieses Jahr hat es besonders viele dreidimensionale Motive. Andere machen mit farbigen Bildern, LED-Lämpchen oder Seifenblasen auf sich aufmerksam. Diejenigen, die keine Kamera in den Händen haben, klatschen. «Lueg, wie schön, bravo!» Im Gedränge Wenige Minuten nach dem Umzug strömen die Leute in Richtung Essensstände beim Wysshusplatz. Insgesamt 19 000 Personen sind gemäss Veranstalter dieses Jahr an die Richterswiler Räbechilbi gekommen. Bald gibt es auf der Strasse kein Durchkommen mehr. Zähflüssig schieben sich die Menschenmassen aneinander vorbei. Es wird von allen Seiten gestossen. «Hier kommen sie nicht durch», rät eine Frau der anderen, «mit dem Kinderwagen schon gar nicht.» Im Pub Nachdem sich die meisten Besucher längst wieder auf den Heimweg gemacht haben, treffen sich die Einheimischen in den verschiedenen Bars und Restaurants. Die Räbechilbi ist für viele Exil-Richterswiler ein Grund, wieder einmal ins Dorf zu kommen. Zum Beispiel im Sailors Pub an der Poststrasse, wo sich vor allem Jüngere treffen. Seit vor ein paar Jahren am Räbechilbi-Abend an die 50 Gläser zu Bruch gingen, wird das Bier in Plastikbechern ausgeschenkt. Auf der Strasse vor der Bar stehen gegen 50 Personen und veranstalten ein kleines Botellón mit Kafi Luz, Glühwein und Bier. Die Stimmung ist friedlich. Für viele ist es ein Warm-up zur Räbechilbi-Afterparty, die im Hotel nebenan stattfindet, denn für die Richterswiler dauert die Räbechilbi immer bis in die frühen Morgenstunden. Kunstwerk aus Hunderten von Räbeliechtli: Die dreidimensionale Kuckucksuhr des Turnvereins.Foto: Patrick Gutenberg
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